Kreative Looks direkt aus der Kamera?
Mit den Leica Looks (nicht zu verwechseln mit DEM Leica Look 😉) bringt Leica ein Feature, das viele längst kennen – vor allem Fuji-Fotografen: vorkonfigurierte Bildstile, die direkt beim Fotografieren eingesetzt werden können. Wer eine Q3 oder SL2(S) (nach Firmware-Update) besitzt, sieht den Look bereits im Sucher und kann JPEGs mit fertigem Stil exportieren.
Ich selbst nutze eine Leica M10R – und profitiere davon leider nicht. Um einen Leica Look anzuwenden, muss ich das Bild zunächst in die Leica FOTOS App laden und dort den Look anwenden. Das ist umständlich und alles andere als flüssig im Workflow. Deshalb nutze ich diese Option bislang nur selten – obwohl einige Looks in der Theorie durchaus spannend wären.
Cine-Flair und Schwarzweißklassik
Leica unterscheidet zwischen Core Looks (Standard) und Essential Looks (erweiterbar via App). Einige davon finde ich für die Streetphotography sehr interessant:
- Classic bringt warmen Kontrast und entsättigte Farben – perfekt für dokumentarische Serien mit nostalgischem Touch.
- Contemporary bietet helle Schatten, natürliche Farbtemperatur und einen leichten Rotstich – ideal für authentische Porträts und urbane Szenen.
- Chrome: Gedämpfte Farben, feine Kontraste und ein eleganter Retro-Charakter machen ihn zu einer starken Option für authentische Streetfotografie.
Die drei Looks Sepia, Blue und Selenium bilden in gewisser Weise eine eigene Gruppe: kreative Monochrom-Tonungen mit Vintage-Anmutung – angelehnt an alte Druckverfahren und Tönungen. Sie ergänzen klassische Schwarzweiß-Stile um spezielle Farbnuancen. Auf den ersten Blick finde ich vor allem Blue und Selenium spannend – sie wirken kühl, grafisch und haben Potenzial für experimentelle Streetserien. Sepia dagegen war nie so mein Ding – zu nostalgisch, zu aufgeladen. Aber auch das ist am Ende Geschmackssache.









Street-Kompatibilität? Mit Einschränkungen
Die Idee hinter den Looks ist stark – aber in der Praxis bleibt ein entscheidender Nachteil: Sie wirken nur auf JPEGs, und die Anwendung in der App ist weder intuitiv noch schnell. Wer – wie ich – lieber in DNG fotografiert, müsste die Looks mühsam nachbauen. Eine Integration als Lightroom-Profil wäre hier ein echter Fortschritt.
Community-Stimmen: Zwischen Euphorie und Ernüchterung
Reaktionen auf reddit reichen von Begeisterung bis Schulterzucken. Einige schätzen die neue kreative Freiheit. Andere sehen die Umsetzung kritisch: Die Anzahl der Looks ist begrenzt, Anpassungen kaum möglich, RAW-Dateien bleiben außen vor. Was bei Fujifilm seit Jahren selbstverständlich ist – inklusive Feintuning von Tonwerten, Farben, Körnung – fehlt hier bislang.
Ein weiterer Kritikpunkt: Ältere Modelle bleiben außen vor. Q2-Nutzer mutmaßen, dass die Technik das vermutlich hergeben würde. Das wirkt nicht unbedingt nutzerfreundlich.
Leica Looks vs. Fujifilm Filmsimulationen
Ein kurzer Vergleich zeigt, wie unterschiedlich beide Marken mit dem Thema umgehen:
Leica Look (Charakter) | Ähnliche Fuji-Simulation (Vergleich) | Kommentar |
---|---|---|
Classic – Warm, kontrastreich, erinnert an analogen Kinofilm | Classic Neg. – Warm, erhöhte Kontraste (ähnliches Retro-Feeling) Classic Chrome – Gedämpfte Farben, Retro-Touch | Leica Classic und Fuji Classic Neg/Chrome zielen beide auf einen nostalgischen Look ab. Fuji Classic Neg wirkt oft noch kontrastreicher und körniger (Vintage-Print-Effekt), Classic Chrome ist farblich subtiler. Leica Classic liegt ungefähr dazwischen und gibt digitalen Fotos einen analogen Anstrich. |
Contemporary– Helle Schatten, natürliche Farben, leichter Rotstich | Provia (Standard) – Ausgewogene Standardfarbgebung ASTIA/Pro Neg. Std – Milder Kontrast, gute Hauttöne | Leica Contemporary ähnelt in der Intention Fuji’s Standard-Profil (Provia) bzw. den portrait-orientierten Modi. Hauttöne gelingen beiden sehr gut. Fuji bietet hier mehr Feinsteuerung (z.B. Pro Neg Hi/Std), Leica liefert einen Allzweck-Look mit modernem Touch. |
Eternal – Sehr kräftige Farben, hoher Kontrast, Magenta-Ton | Velvia/Vivid – Sehr gesättigt und kontrastreich (für Landschaft) | Beide liefern Punch: Leica Eternal hat einen kreativen Magenta-Stich, während Fuji Velvia neutraler in der Farbverschiebung ist, aber maximal bunt. Fuji’s Velvia ist berühmt für Landschaften (knalliges Grün/Blau), Leica Eternal könnte man ähnlich in farbarmen Szenen einsetzen, wo man mehr Pep will – allerdings ist Eternal weniger natürlich. |
Chrome – Gedämpfte Farben, feine Kontraste, eleganter Retro-Look | Classic Chrome – Abgeflachte Farben, Anmutung alter Dias (Kodachrome) | Hier hat Leica offenbar Fuji’s Classic Chrome im Visier. Beide betonen feine Kontraste und zurückhaltende Farben. Fuji Classic Chrome ist für Streetfotografie sehr beliebt, weil es die Szene „entsättigt elegant“ darstellt. Leica Chrome zielt auf genau diese Ästhetik ab – für Leica-Nutzer endlich eine Option, die Fuji-User seit Jahren schätzen. |
Sepia – Brauner Monochrom-Ton, Vintage-Foto-Stil | Sepia (Fuji) – Fuji bietet ebenfalls einen Sepia-Modus in seinen B&W-Einstellungen | Sepia ist ein klassischer Effekt, den fast jeder Hersteller irgendwo anbietet. Fuji’s Sepia ist eher eine Randnotiz, bei Leica bekommt man ihn als eigenständigen Look. Beide liefern den typischen Antiqueton. |
Blue – Blauton-Monochrom, Cyanotypie-Effekt | (kein direktes Pendant bei Fuji) | Fuji hat keine Blau-Filter-Simulation; höchstens über Weißabgleich ließe sich Ähnliches erzielen. Leica Blue ist hier ein Alleinstellungsmerkmal, ähnlich wie Nikon bei neueren Kameras spezielle „Creative Picture Controls“ (z.B. Blaufilter) eingeführt hat. Für Fans dieses Looks bietet Leica out-of-camera etwas Besonderes. |
Brass – Warmer Look im Stil der Golden Hour | (kein Pendant bei Fuji) | Die subtile Wärme des Brass-Looks hat derzeit kein echtes Fuji-Gegenstück. Wer bei Fuji etwas Vergleichbares will, muss sich oft mit Custom Recipes behelfen – z. B. Nostalgic Neg. + Warm White Balance –, aber ein dedizierter „Golden Hour“-Look wie bei Leica ist dort bisher nicht Teil des Standard-Repertoires. |
Fazit: Ideenreich, aber (noch) kein Gamechanger
Die Leica Looks sind ein kreatives Werkzeug – aber aktuell nicht viel mehr. Für Streetfotograf:innen mit M-Kameras sind sie zu umständlich. Praktisch sind sie erst für Q3- oder SL2-Nutzer:innen. Solange sie nicht direkt in die Kamera integriert und in RAW-Workflows übertragbar sind bleibt es Stückwerk.
Leica betritt hier Neuland – und das ist gut so. Dass Leica überhaupt neue Wege geht, ist ein gutes Zeichen. Denn Streetfotograf:innen brauchen unkomplizierte Werkzeuge und flexible Workflows – sie wollen sich auf das Wesentliche konzentrieren: den Moment und die Geschichte..
Und es gibt laufend Weiterentwicklungen: Der Teal-Look ist der neueste Zugang in der Reihe der Leica Looks und wurde mit dem Update der Leica FOTOS App auf Version 5.2.0 am 22. April 2025 eingeführt.