Wusstest du, dass erfolgreiche Geschichten alle nach dem gleichen Muster aufgebaut sind? Egal ob Bücher, Legenden, Hollywood-Filme… ja sogar die Bibel. Diese Struktur für erfolgreiche Geschichten besteht aus 12 (oder 17) Teilen und nennt sich “Heldenreise”.
Die Struktur, Jahrhunderte lang bewährt, beinhaltet verschiedene Abschnitte aber auch Protagonisten. Sie machen eine Geschichte für uns Zuhörer lebendig, spannend und interessant. In diesem Artikel werfe ich einen Blick auf Aspekte die in meinen Augen für die Fotografie, und insbesondere für Serien- und Dokumentarfotografie, eine tolle Inspiration sind. Du bekommst also die Zusammenfassung und Interpretation für die Fotografie hier direkt geliefert.
Protagonisten – richtig in Szene setzen
Die Heldin
Wer dein Held der Geschichte ist oder sein soll ist meist schnell klar. Aber warum ist diese Person der Held? Und komm mir jetzt nicht mit “naja weil ich ihn/sie fotografieren möchte!”. Die Story die du erzählst gehört zu deiner Heldin und sie zu der Geschichte. Ich frage mich gern: Welche Eigenschaften der Person sind wichtig für die Geschichte? Und wie helfen mir diese wichtigen Aspekte um bessere Fotos zu machen? Wie kann ich diese herausstellen oder nutzen?
Die Gefährten
Wer begleitet den Helden in der Geschichte? Und welche wichtige Aufgabe übernehmen diese Gefährten? Hier schaue ich gezielt wie ich die Gefährten in Bilder einbauen kann um mehr zu erzählen bzw. um genau das zu erzählen was mir wichtig ist.
Der Antagonist
Ein Antagonist, ein Gegenspieler, gibt jeder Geschichte sofort Spannung. Übrigens muss ein Antagonist, wie auch der Held und die Gefährten, nicht zwingend ein Mensch sein. Auch Gegenstände oder äußere Umstände können diese Rollen einnehmen. Gerade das Zusammenspiel von Held und Antagonist kann für spannende Fotos und eine starke Geschichte sorgen. (Fotografiere Beziehungen: Storytelling mit Fotos: Der einfachste Weg wie deine Fotos Geschichten erzählen.)
Was macht den Antagonisten aus? Wie steht er dem Ziel des Helden im Weg? Wie lässt sich das besonders gut fotografisch ausdrücken?
Die Phasen der Heldenreise: Motive für die Fotoserie
Je nachdem wie umfangreich deine Geschichte ist, kannst du die einzelnen Phasen stärker begleiten oder auch überspringen. Dass man auch mit Einzelbildern und Kleinserien, aus zwei oder drei Fotos, Narrative darstellen kann habe ich in anderen Artikeln bereits vertieft. Fühl dich frei. Ich bin kein Freund von starren Mustern, dafür aber von inspirierenden Ideen – und davon gibt die Heldenreise einige mit:
- Die vertraute Welt
Diese Phase ist so etwas wie die Einführung. Hier zeige ich wo die Story spielt. Wie das normale Umfeld aussieht oder wie die Protagonisten normalerweiße den Tag verbringen. Diese Phase kann der Geschichte viel an Tiefe geben. Ein Ausflug auf den Berg wird abenteuerlicher wenn man weiß, dass der Held normalerweiße unsportlich am Schreibtisch sitzt.
Geschichten leben oft davon, dass es eine Veränderung gibt. Die Freude der Kinder im Indoorspieltplatz wirkt noch ansteckender wenn man weiß, dass sie normalerweiße jeden Samstag im Sommer im Schwimmverein verbringen. Noch am Morgen haben Sie enttäuscht den Regen aus dem Wohnzimmerfenster beschimpft. Aber hier sind wir vll schon einen Schritt weiter… - Der Ruf / Die Verweigerung / Begegnung mit dem Mentor
…denn der Regen kann auch als “Ruf” verstanden werden, den Tag anders zu verbringen als ursprüngliche geplant. Und das Schimpfen ist die “Weigerung” diesem Ruf zu folgen. Als Mentor könnte ein Elternteil oder eine Freundin auftreten die vorschlägt einfach woanders zusammen Spaß zu haben.
Ich habe hier 3 Phasen zusammengefasst, weil diese oft eng beieinander liegen. Außerdem kann ich in der Fotografie sicher nicht ganz so viel Darstellen wie im Film. Zeigen möchte ich anhand dieses einfachen Beispiels, dass viele wichtige Momente einer Geschichte außerhalb des “Hauptteils” stattfinden. Je mehr Bilder eine Serie hat umso mehr der einzelnen Aufnahmen dienen als Rahmen. Und “ein Bild ohne Rahmen, hat keinen Halt” um mal in dieser Metapher zu bleiben. Die Fotos vom “Tag im Indoorspielplatz” sind immer noch toll, ohne Frage. Sie erzählen aber eine andere, langweiligere(?), Geschichte des Tages. - Überschreiten der Schwelle / Bewährungsproben / tiefste Höhle
Lassen wir diese kleine Geschichte mal beiseite. Denn jetzt wird es etwas martialischer: Der Held tritt die Reise an, er hat Bewährungsproben zu bestehen, erkennt den Feind und überschreitet den “Point of no return”.
Anders ausgedrückt: Das Vorhaben wird angepackt und wenn man erstmal anfängt, dann kommen meist noch weitere Aufgaben hinzu.
Für eine Foto-Reportage ist jetzt der Moment um auf Details und Augenblicke zu achten die sonst vielleicht unbeachtet bleiben. Diese werden eingesammelt um den Weg des Helden zu dokumentieren. - Der Entscheidungskampf
Der Moment der Entscheidung ist gekommen. Ist es ein physischer Kampf? oder ein innerer Kampf? Ein Kampf gegen die Uhr? Vielleicht ist es bei dir auch ein metaphorischer Kampf. Egal, wir sind sozusagen beim Highlight angekommen. Setz dich damit auseinander woraus der „Kampf“ besteht. Was ihn ausmacht. Denk an den Antagonisten. Wenn du diesen fotografisch eingeführt hast, fällt es dir jetzt vll noch leicht mit seiner Hilfe Viel in einem Bild zu erzählen. - Die Belohnung (Elixier)
Oft geht der Held aus dem Entscheidungskampf mit einer Belohnung raus. Das kann etwas physisches sein. Ein Pokal? Aber auch ein Lächeln kann ein Gewinn sein. In vielen modernen Geschichten ist es ein Erkenntnisgewinn mit dem sich der Held auf den Rückweg macht und… - Der Rückweg / Die Erneuerung / Rückkehr mit dem Elixier
…nichts ist mehr wie zuvor. Bei vielen Events lohnt es sich Fotos auch nach dem Highlight zu machen. Ich hab es nie verstanden warum viele Hochzeits-Fotografen die Trauung und den Sektempfang aber nicht mehr die Party fotografieren. Auch bei einem Fußballspiel können Bilder nach den 90 Minuten eine weitere wichtige Ebene der Geschichte erzählen. Bilder aus der Kabine, oder wenn die Mannschaft den Heimweg antritt können die Bedeutung des Sieges oder der Niederlage noch klarer definieren.
Wer sich für das Konzept der Heldenreise genauer interessiert sollte einfach mal danach, und dem Namen Josef Campbell, googlen. Es finden sich sehr viele Inhalte im Web und mehr Literatur als man lesen kann. 😉